In einem Kaufbrief von 1701 (unter Wildshut eingeordnetes Rapular des Burghausener Forstgerichts W1609) heißt es zu Beginn:
"Erntraudt, des diss Jahr, der churbayrischen Lanndten, auf ewig weckhgeschafften Hannsen Michels im Auffang, churfrt. Forstgerichts Burghausen, Eheweib ..."

Kann jemand Genaueres mit dieser Formulierung anfangen?

Robert.

Ich glaube er wurde wegen eines Vergehens/Verbrechens lebenslänglich des Landes verwiesen.

Lg
Mike

Ja, das könnte hinkommen, da die Frau nie als Witwe bezeichnet wird, und obwohl sie einen erst 6jährigen Sohn hatte, offensichtich auch nicht heiraten konnte, weshalb sie den Hof verkauft hat. Aber dass sie als Ausnehmerin dortgeblieben ist und nicht nachgezogen ist, ist aus heutiger Sicht wieder weniger leicht nachzuvollziehen.

Weiß jemand für welche Vergehen man des Landes verwiesen wurde?

Robert.

Hallo,

in der Wachau wurde je nach Laune abgeschafft:
Bei ledigen, besitzlosen Knechten und Dirnen (Menscher) tat man sich leichter als mit eingesessenen Bürgern.
Die mir bekannten Delikte für Abschaffungen:
Brandstiftung (auch unabsichtliche, fahrlässige), Diebstahl, Überschuldung, Raufhandel mit schweren Verletzungen und natürlich unehelicher/außerehelicher Verkehr (Unzucht). Interessant und für mich unverständlich ist, dass bei Unzucht meistens nur die Frau eingesperrt wurde, auch wenn es sich um eine Vergewaltigung handelte.

Manche wurden auch nur für ein oder mehrere Jahre abgeschafft und konnten dann wieder zurückkehren. Es gibt auch welche, die die Abschaffung/Zustifftung ignorierten und monatelang hinauszögerten, und dann doch bleiben durften.

lg Walter

... Aber dass sie als Ausnehmerin dortgeblieben ist und nicht nachgezogen ist, ist aus heutiger Sicht wieder weniger leicht nachzuvollziehen ...

das kommt wahrscheinlich darauf an, wo der Ehemann untergekommen ist. Sollte dieser mehrere Jahre im Gefängnis bzw. irgendwo beim Festungsbau eingesetzt worden sein oder nur mehr als Knecht irgendwo gearbeitet haben, hätte die Frau nur mehr unter erheblichen wirtschaftlichen Einbussen, wenn überhaupt, nachkommen können. Und Besitzer des Gutes war der Mann vermutlich nach wie vor.

Lg walter

Zitat von Waltenchamun im Beitrag #5

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Und Besitzer des Gutes war der Mann vermutlich nach wie vor.

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Zitat von Waltenchamun im Beitrag #4

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Hallo,
dass bei Unzucht meistens nur die Frau eingesperrt wurde, auch wenn es sich um eine Vergewaltigung handelte.
lg Walter

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"Unzucht"

Es geht ja meistens nicht klar hervor, wie die "Unzucht" zustandegekommen ist. Den (einzigen) Fall, der mir in Erinnerung ist, wo die Frau sagt, dass es mit Gewalt passierte, ist aus 1643.

lg walter

... Interessant finde ich, dass sie seine Hälfte auch verkaufen konnte ...

Robert, weisst du, wie es weitergegangen ist? Der Verkauf hat vermutlich nur mit Einwilligung des Mannes geschehen können. Möglicherweise haben sie sich mit dem Geld eine neue Existenz aufgebaut?

lg Walter

Wie das weiterging, wäre wirklich interessant!
Der Brief "dedato X" wegen der "Ybergab und Heirat" wäre auch aufschlußreich, wie es scheint, hat die Frau den Besitz in die Ehe mitgebracht und ihr Mann nur wenig zur gemeinsamen Existenzgründung beigetragen, da wäre ein Verkauf relativ einfach ohne denselben.
Zum vermutlich begangenen Vergehen welches eine immerwährende Verbannung nach sich gezogen hat kann ich mich Walters Ausführungen nur anschließen. Auch ich habe dies bei Brandstiftung, wiederholter Widersetzlichkeit und Gewaltandrohung oder -begehung gegenüber der Obrigkeit und Allgemeinheit, mehrfachem Holz- und Wilddiebstahl sowie in 2 Fällen "in währender Ehe" Notzucht und Schwängerung "mühseliger" (behinderter) in öffentlicher Versorgung befindlicher Frauen festgestellt.
Der Herr dürfte jedenfalls mehrere Delikte angehäuft haben, welche eine einfache Abmahnung oder Strafzahlung nicht mehr rechtfertigten.
Spannender Fall, danke fürs Erzählen!
freundliche Grüsse MM

Die Akten habe ich (noch) nicht gesucht, aber der Trauungseintrag vom 29. Jänner 1685 bestätigt, dass Johann Michl in die Auffangersölden eingeheiratet hat.
Der Kaufpreis ist anscheinend hauptsächlich an Gläubiger ausgezahlt worden. Dem Sohn (ein weiterer ist 2 Wochen vor dem Verkauf mit ca. 11 Jahren gestorben) bleiben ca. 40 fl. Erbteil, die aber vorerst beim Hof verbleiben.
"Joannes Michl vom Aufang" ist am 19. Jänner 1721 ledig gestorben.

Von der Mutter finde ich keinen Sterbeeintrag. Leider lässt sich mangels Trauungsbuch zwischen 1686-1721 auch nicht feststellen, ob sie nach dem etwaigen Tod ihres Mannes nocheinmal geheiratet hat.

Robert.

Ich habe die Verträge von 1685 gefunden: Danach hat Lorenz Hecher nach dem Tod seiner Frau Maria 1685 das Gut an seine unverheiratete Tochter Ehrentrud übergeben. Wenn ich es richtig verstehe, ist es zuerst auf 100 fl. geschätzt worden. Bei der Übergabe ist die Rede von 108fl. mit Einschluss des vorbehaltenen Austrags. Im Heiratsbrief heißt es, dass Johann Michel 150 fl. einbringt! Er ist übrigens der Sohn eines Försters und Amtmanns gewesen.

Sterbeeintrag der Ehrentrud oder Nachlass ihres Sohnes 1721 habe ich leider nicht gefunden.

Robert.

1696 hat sich einer vorsichtshalber selber weggeschaft: https://www.familysearch.org/ark:/61903/...9847&cat=198530
"Margaretha, des vor unlengster Zeit gewisser Unthatt willen sich von hie und under die Venetianer begebnen Rueppen Pimppals aufm Pimppalguet zu Neuhausen [...] Ehewürthin [...]"

Robert.