Einigen Notizen des Spitzer Propstes Fischer in "Gmischgmäsch" gemäß ist folgendes vorgefallen:
1728 hat eine "Malefizperson" namens Georg Hörtinger Eingang in die Annalen gefunden, er hatte eine Magdalena Hörtinger geschwängert und sie veranlaßt, das Kind zu töten.
Die beiden wurden gefaßt und von der Wache an der Propstei vorbeigeführt. Hörtinger riß sich los und flüchtete sich unter das Propstei-Tor. Die Wachen wiederum entfernten ihn "gewalttätig", was den Propst erboste, immerhin handelte es sich aus seiner Sicht um das heilige Kirchenasyl. Er erstattete umgehend seinem Dechant Bericht des Inhalts, daß der Hörtinger "das Asylum wirklich erlanget" und somit die weltliche Obrigkeit sich nicht einzumischen habe. Er solle also zurückgebracht werden an den sicheren Ort.
Lange passierte offenbar nichts, im Juli 1729 schreibt der Kirchenmann an das "vererab Consist, dass die Magdalena Hörwög die Complicin des Hörtinger die Kindermörderin und wirklich zu den Todt verdampte aus den Kerker entkommen und in die Probstey Asyli Causa sich geflüchtet habe" und bittet erneut um Instruktion, was er tun solle, wann das Landtgericht in der Propstey Gewalt verüben wollte.
Sie blieb also im Kirchenasyl, wobei sich die Lage unangenehmst entwickelte: der Hörtinger hatte die Weibsperson im Kerker von neuem geschwängert und die Geburt stehe unmittelbar bevor, die Frau sei immer krank worden und sei aber inzwischen durch eine List gerettet und schon völlig aus Österreich hinaus gebracht.
Im Streit zwischen weltlicher Obrigkeit und Kirche blieb zwar der Spitzer Pfarrer der Sieger, die Verurteilten entflohen und konnten sich absetzen.
Die "List" und die wiederholte Flucht aus dem Kerker in die Kirche setzt jedenfalls meiner Meinung nach Helfer und Mitwisser voraus. Und wieso die Frau mit dem "Malefikanten" gemeinsam eingesessen ist, sodaß sie wiederum schwanger werden konnte, erschließt sich mir garnicht.
Gruss Miss Marple

Interessante Geschichte!
Wäre interssant, was aus den beiden geworden ist.
Dass die beiden im selben Kerker eingesessen sind, liegt wahrscheinlich daran, dass meistens nur ein Kerker vorhanden war. Waren einmal mehr "Kunden" zu inhaftieren, wurdez. B.: in der Wachau zusätzlich zum "Gwölb" unter dem Rathaus auch eine Nebenkammer der Schreiberstube umgewidmet.

Ich habe gar nicht gewusst, dass es im 18. Jhd. bei uns noch ein Kirchenasyl gegeben hat. Das müssten ja viel mehr Personen ausgenutzt haben und man müsste ja viel mehr darüber in den Archiven lesen (Oder arbeitete das Kirchenpersonal eher mit den Behörden als mit den NGO's zusammen?)

Walter

Guter Kommentar, Walter!
In Spitz dürfte der "Kerker" vermutlich nicht anders ausgesehen haben wie im Thal Wachau.
Zum Asyl war ich auch der Meinung, daß dies längst nicht mehr in dieser Form gehandhabt wurde. In den Passauer Protokollen fand ich zu dem Casus auch nur eine ausführliche Beschreibung der baulichen Gegebenheiten (Kirchhofmauer, Portal etc.). Die beiden "Delinquenten" wußten jedenfalls Bescheid, was zu tun war, um Asyl zu erlangen.
Vielleicht erhellt ja ein im Kirchenrecht beschlagener Forist unsere finstere Unwissenheit.
Dies ist der einzige derartige Fall, den ich in der Gegend dokumentiert gefunden habe, war allerdings nur ein Zufallsfund, vielleicht kam dies ja öfter vor und für das Durchsuchen der PP ist ein Leben zu kurz...
Möglicherweise war in der Streitsache als damalige NGO die Gemeinschaft der geächteten Viehhalter instruktiv - die Dame Hörwög entstammte nämlich einem solchen Clan, welcher namentlich vom 17. bis zum 19. Jh. in Waldviertel und Wachau als dem Hirtenvolk zugehörig faßbar ist.
Jane Marple

Zitat von Miss Marple im Beitrag #3

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Vielleicht erhellt ja ein im Kirchenrecht beschlagener Forist unsere finstere Unwissenheit.

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