Geschätzte Wissende,
in einem Kaufprotokoll aus Arnsdorf/ Wachau - Salzb. Herrschaft habe ich folgendes gefunden:
https://www.familysearch.org/records/ima...singleView=true
4. Zeile von unten, erstes Wort.
Hier verkauft ein Ehepaar Haus und Gründe, man nimmt sich die Herberg aus und auch den Genuß eines "Sießbirnbaums" und eben dieses "Hudltaschenbaums". Die süßen Birnen sind mir geläufig, aber von Hudltaschen habe ich obwohl hier inmitten Obstbauern lebend noch niemals nichts gehört oder gelesen.
Einem nicht verifizierbaren Zeitungsartikel zufolge handelte es sich bei "Hudeltaschen" einst um schrumpelige kernlose Zwetschgen, deren erbärmlicher Zustand von einem Pilz hervorgerufen wurde. Klingt jedenfalls nicht "genießbar".
Schon mal gehört? Wenn ja, wo?
Es ist übrigens das Jahr 1799 und der Schreiber kam aus NÖ.
Miss Marple

Zitat von Miss Marple im Beitrag #1

---

Einem nicht verifizierbaren Zeitungsartikel zufolge handelte es sich bei "Hudeltaschen" einst um schrumpelige kernlose Zwetschgen, deren erbärmlicher Zustand von einem Pilz hervorgerufen wurde. Klingt jedenfalls nicht "genießbar".
Schon mal gehört? Wenn ja, wo?

---

Das scheint auch eine Birnensorte zu sein.

Unter Hudeltaschen findest du entsprechende Einträge.

Robert.

Danke allenthalben,
ad GCB: diese Birnen kenne ich auch noch vom Schulgehen, wie Du sagst pelzig, süß und eigentlich immer mit Wespen verziert. Waren aber einfach "siasse Birn". Und die Saftflecken konnte keine noch so tüchtige Wäscherin aus der Kleidung entfernen, galt übrigens auch für kindlichen Kirschen- und Pfirsichdiebstahl.

ad Robert: das wertvolle Instrument der Google Suche ist mir nicht völlig unbekannt, ich wollte bloss mal wissen, ob sich der Begriff noch irgendwo sozusagen konserviert hat. Gibts den im Machland offenbar nicht oder?
Mich hat die Beschreibung erinnert an Quitten, die mußten ja auch erst vergammeln irgendwo im Haus bevor man sie verarbeitet hat.
Naja, kranke Zwetschge oder Matschbirne, die beiden Alten waren offenbar angetan davon und habens keinem anderen vergönnt.
Danke nochmal MM

Übrigens vergessen: danke GCB für die "Hungerzwetschge", sehr interessant!
Ich glaub, das könnte tatsächlich die Lösung sein.

Mir sind hier vor allem Mostbirnensorten geläufig, wie die Schmotz-, Speck-, Landlerbirnen. Wenn man die verlinkten Sortenbeschreibungen liest, kann man feststellen, dass es sich bei der Sommer-Apothekerbirne aber nicht um Most- sondern gutes Wirtschaftsobst handelt, das bei uns nicht so verbreitet ist. Wenn ich mich bei Gelegenheit dran erinnere, werd ich die Frau Godn fragen, die könnte was wissen. Für den "Obstwein", den mein Ururgroßvater in die ganze Monarchie verschickt hat, wird sie vermutlich nicht verwendet worden sein (-die Birne, die Frau Godn war da noch nicht auf der Welt).

Robert.

In diesem Link und einigen anderen werden Hudeltaschen als Birnensorte beschrieben. Scheint mir jedenfalls schmackhafter als die verschimmelten Zwetschken.

Nachtrag: In einem Grazer landwirtschaftlichen Wochenblatt von 1858 wird sie so beschreiben, als wäre sie identisch mit der gelben frühen Sommerapothekenbirne. Die wiederum ist zumindest der Arche Noah bekannt: Beschreibung mit Fotos
Immerhin, Kletzen kann man draus machen. Würd ich mir auch vorbehalten wollen.

Vielen Dank an Euch alle, bin nun ziemlich sicher, daß es sich um eine besondere Birne gehandelt haben muß. Die pilzigen Zwetschgen wären ja zu grausig.
Mal sehen ob Roberts Frau Godn noch etwas beitragen kann.
Die Bezeichnung dürfte aber schon lange abgekommen sein, obwohl ich persönlich ja "Hudltaschen" weitaus charmanter und bodenständiger finde als "Sommerapothekenbirne".
Jedenfalls hochinteressant, wieviele heute längst vergessene Obstsorten es einst gegeben hat.

dankbare Grüsse MM

Zitat von Miss Marple im Beitrag #9

---

Jedenfalls hochinteressant, wieviele heute längst vergessene Obstsorten es einst gegeben hat.

---

danke Gunnar, für Dein "Abdriften"!
An die vielen Obstgärten denke ich auch gerne zurück, hier gab es einen großen "Kirschenpark" mit mehr als 20 verschiedenen Kirschensorten, allesamt nacheinander reifend, gefühlte 500 verschiedene Apfelsorten für jegliche Verwendung eigens gepflanzt. Für Apfelstrudel eignet sich nunmal kein Jonagold meiner bescheidenen Meinung nach. Dafür gabs die unansehnlichen "Lederäpfel" und es wurde grundsätzlich alles verarbeitet. Einzelne Früchte, Beeren, Trauben wurden absichtlich hängengelassen "für die Vögel, Rehe usw".
Zu meiner großen Freude ist vor einigen Jahren in meinem Garten ein Kriecherlstrauch entstanden, aus dem Nichts, erst wußte ich nicht, was das ist und nun trägt er Früchte. Die Klaräpfel waren meiner Erinnerung nach die allerbesten solchen, weil die zuerst reiften. Ich glaube nicht, daß man sie verarbeitet hätte, wurden einfach gleich vom Baum gegessen. Danke für die Reminiszenzen, auch an die vielen Omas, die aus allem etwas Gutes zaubern konnten.
Den "Ziguri-Kaffee" möchte ich hier mal ausnehmen.
Eure ebenso abgedriftete Miss