Guten Abend in die Runde,

Ich habe mich die letzten Tage durch die Erbschaftsabhandlung (genannt wird das hier "Inventurs Abhandlung") von Lorenz Pruner (*um 1718 +25.04.1786, Grein) gekämpft, gelesen und transkripiert, welche hier auf FS zu finden ist. Dabei bin ich auf den interessanten Umstand gestoßen, dass einer seiner Söhne, und zwar ausgerechnet mein Ahne Joseph Prunner (*01.03.1750, Grein +18.01.1819, Waldhausen), von der Erbschaft gänzlich ausgeschlossen wurde, nur verstehe ich den Grund nicht so ganz. Wörtlich heißt es am Schluss auf Folio 96 bzw. 96v, wo es um den zu vererbenden Gesamtwert geht:

Über Abzug dieser Geföhle verbleibeten zu ver
„theilen übrig…730f. 44xr 2d.
Nachdeme aber bey dem Joseph Pruner am Wind=
=berg an der zu 232f empfangenen Vätterler
(nächste Seite)
hilfe 227f 27xr 2d in Verluhr gegangen, so
wird selber von der diesfähligen Erbschaft gänzlich
ausgeschlossen, und verbleiben denen übrigen
5.Erben jechen zum 5ten Anthaill
?: 154f 8xr 3 3/5 d.

Mit den "232f empfangenen Vätterler hilfe" sind, insofern ich es richtig verstehe, die auszuzahlenden Schulden Josephs gegenüber seines Vater gemeint (siehe: "Schulden herein" auf Folio 94v). Um welchen Betrag es sich aber bei dem Verluhr (=Verlust) von "227f 27x 2d" handelt ist mir ein Rätsel. Etwa in der Mitte auf Folio 96 heißt es dazu:

bey dem Joseph Pruner Herrsch:[aft] Baum=
=gartenbergl[icher] Unterthann am Wind=
=berg sind Vermög beschehener Crida (=Bankrott bzw. Zahlungsunfähigkeit)
in Verlaufe gegangen------------------------ 227. 27. 2

Kann mich bitte jemand erleuchten, um was es sich bei diesem Verlust handelt?
Erwähnt sei noch, dass der Geburtsort der acht Kinder Josephs insgesamt dreimal wechselte (im Zeitraum von 15 Jahren), was auf ein nicht sehr sesshaftes Leben hindeutet. Möglicherweise aber nicht zwingend spiegelt sich hier finanzielle Not wider, welche man m.E. (zumindest z.T.) auf dieses fehlende Erbe des Vaters rückführen könnte.

Anbei hänge ich noch meine vollständige Transkription der Abhandlung an.
Liebe Güße,
Sebastian

fl = Gulden
xr = Kreuzer
d = Pfennige

lg

Morgen Irene,

Ich glaub ich hab mich nicht so klar ausgedrückt, war gestern such schon ziemlich spät...

Die Einheiten sind mir durchaus bewusst. Ich verstehe aber die Begründung nicht, wieso Joseph von der Erbschaft ausgeschlossen wurde. Offenbar hängt das mit den Schulden zusammen, welche Joseph an seinen Vater entrichten musste (Schulden herein; Betrag von 232f.) und dem Verlust (?) von "227f 27x 2d". Was mit letzteren gemeint ist, ist mir unklar.

Dennoch danke für deinen Versuch und
Viele Grüße,

Sebastian

Ganz sicher bin ich mir freilich nicht, aber ich würde es so verstehen, dass der Vater dem Josef 232fl. geborgt hat, Josef aber zahlungsunfähig geworden ist (Crida), weshalb die 227fl nicht mehr eingetrieben werden konnten.
Die potentielle Erbschaft ist dann anscheinend gegenverrechnet worden. Vielleicht ist das bei der Crida-Abhandlung des Josef schon so vereinbart worden.

Robert.

Ich bin davon ausgegangen, dass der Vater ihm das Geld vorgestreckt hat, vielleicht als Vorgriff aufs Erbe, und er es wegen Pleite nicht zurückzahlen konnte. Dass er es das Geld nicht nutzen konnte, war halt das Pech, an sich hätte er ja sogar mehr bekommen als die anderen.

Danke euch beiden für die Deutungen,

Ich halte beides für plausibel (ursprünglich las ich es auch so wie Irene).

@Robert
Ich hoffe ich verstehe dich nicht falsch, aber könnte es nicht eher so gewesen sein, dass Josef von den geborgten 232fl. die 227fl. verbrauchte, sie also so in "Verlust" gegangen sind, und damit seine Schuld nicht begleichen konnte? Deswegen jemanden gänzlich von der Erbschaft auszuschließen scheint mir aber doch sehr hart im Vorgehen zu sein.

Joseph Brunner kaufte 1778 das Haus am Windberg (siehe hier), und verkaufte dieses dann 1786, wenige Monate nach dem Tot seines Vaters, wieder (siehe hier). Am Schluss (pag: 440) dieser "Verkaufseintragung" ist auch die Rede von einer "Crida Classification", vielleicht finde ich die irgendwo.

Liebe Grüße,
Sebastian

Nicht Josef u. Anna Maria verkaufen das Gut 1786 sondern deren Gläubiger - deshalb auch die Überschrift "Ex off[ici]o Kauf" - von Amts wegen.
Es ist von einem eigenen "Crida Buch" die Rede, also fürchte ich, dass die Abhandlung nicht zu finden sein wird.
Außerdem wird eine Barbara Brunner und ihre Mitgift (Paraphanalerbe) erwähnt. Ist das seine Tochter?

Beim Kauf werden als Stift- und Zahlborgen angeführt: Lorenz Brunner am Strassergut, Johann Kammleithner a.d. Aumühl, Josef Pühringer? a. Weegerergut u. Thomas Brunner am Schauberg.

Zu deiner Frage: Ich sehe den Unterschied nicht (auch zu Irenes Vermutung nicht), Josef war überschuldet und konnte das geliehene Geld nicht zurückzahlen.

Da der Verkauf nach der Versteigerung erst nach der Erbschaftsabhandlung stattgefunden hat und Josef Brunner bei letzterer noch mit "am Windberg" bezeichnet wird, scheint mir die Insolvenz ziemlich zeitgleich mit dem Tod des Vaters gewesen zu sein.

Robert.

Mahlzeit,

Zitat von RobertD im Beitrag #7

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Nicht Josef u. Anna Maria verkaufen das Gut 1786 sondern deren Gläubiger - deshalb auch die Überschrift "Ex off[ici]o Kauf" - von Amts wegen.

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Zitat von RobertD im Beitrag #7

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Da der Verkauf nach der Versteigerung erst nach der Erbschaftsabhandlung stattgefunden hat und Josef Brunner bei letzterer noch mit "am Windberg" bezeichnet wird, scheint mir die Insolvenz ziemlich zeitgleich mit dem Tod des Vaters gewesen zu sein.

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