Hallo Zusammen,


gibt es Informationen, die vielleicht noch verfügbar wären, bei denen Ihr nicht sicher seid ob Ihr sie wissen wollt?

Ich hätte die Chance einen Zeitzeugen zu befragen, der mir wahrscheinlich ein ziemlich umfassendes Bild über das (definitiv vorhandene) Engagement eines meiner Urgroßväter während der Judenverfolgung im Dritten Reich liefern könnte. Meine Großmutter hat zeitlebens darüber geschwiegen, aber jetzt weiß ich nicht, ob ich dieses Telefonat bzw. diesen Besuch tatsächlich machen sollte oder ob ich ihn nicht sogar machen MUSS.

Ich glaube mit einem Hexenjäger im 17. Jahrhundert hätte ich weniger Probleme.

Was würdet Ihr machen?

Hallo Pascal,

du solltest dich nicht gedrängt fühlen, es sollte eine tiefinnerste und alleinige Entscheidung von dir sein. Die Frage eines "Muss" dürfte sich da nicht stellen, denn das stellt für mich in den Raum, dass du dich für das was dein Urgroßvater gemacht oder unterlassen hat, verantwortlich fühlst. Dies darf und sollte meines erachtens nie passieren! Die Verantwortung tragen nicht die nachkommenden Generationen. Sie können lediglich, wenn sie es für sich selbst entschieden haben, die Aufgabe übernehmen, sich der Vergangenheit bewusst zu sein, sie kritisch zu hinterfragen, niemals zu urteilen, sie als Teil der eigenen Geschichte zu akzeptieren, daraus für sich zu lernen und den kommenden Generationen weiterzugeben.

Ich hoffe dir damit etwas mehr Gedankenklarheit gegeben zu haben!

Abendliche Grüße!

Dominik

Meine Verantwortung sehe ich hier eher darin, diesen Teil unserer Geschichte zu dokumentieren - den Schaden, den mein Urgroßvater angerichtet hat (sowohl an den Opfern der Deportation als auch an der Dorfgemeinschaft und schlussendlich auch an seinen eigenen Nachkommen), wird allenfalls die Zeit in 2, 3 oder mehr Generationen heilen können.

Das "muss" bezieht sich in diesem Fall vorallem auf den Zeitdruck. Der Zeitzeuge ist über 80 - zu lange Zeit zum Überlegen sollte ich mir nicht nehmen.

Nachdem du schreibst, dass es ein solches "Engagement" definitiv gegeben hat, geht es wohl um Ausmaß und Details, was beides sehr schmerzhaft sein kann. Ich weiß nicht, ob du deinen Urgroßvater persönlich (vielleicht von einer ganz anderen Seite) gekannt hast. In dem Fall wäre ich auch unsicher, ob ich diese Dinge genauer wissen möchte. Wenn Du vor allem die Folgen (gerade in der Familie) kennengelernt hast, hilft es vielleicht, manches noch besser zu verstehen.
So intensiv ich mich auch mit den "Herkünften" meiner Vorfahren beschäftige und gerade auch die Lebensumstände ein wenig beleuchten möchte, so wenig identifiziere ich mich mit ihnen. Da werden (gerade auch in honorigen Familien) mehr Betrüger, Diebe, Vergewaltiger, Schläger, Kinderschänder und wohl auch Mörder dabei sein, als uns bewusst ist. Wichtig scheint mir, was wir aus dem Wissen, das wir durch Forschungen erlangen, für uns (und andere) machen. Es soll nicht mit dem Finger auf die anderen gezeigt werden, die so böse waren, sondern die Gefahren erkannt werden, die uns oder "die Gesellschaft" dahin bringen können, so zu handeln.

Robert.

Hallo Pascal!

Zur Familiengeschichte gehören nicht nur positive und tolle Ereignisse, sondern auch Vorkommnisse die uns nicht so erfreuen. In den Kursen, die ich in Südtirol hielt, sagte ich immer: "Ganz egal, was passiert ist, was abgelaufen ist, was der Vorfahre verbrochen hat, es gehört zur Familiengeschichte dazu." Denn es steht uns heutiger Generation nicht zu darüber zu urteilen, sondern zu dokumentieren und es festzuhalten. Besonders die NS-Zeit, die gehört heute noch in vielen Familien aufgearbeitet, ganz egal was war. Du dokumentierst es ja nur für Dich und nicht für die breite Öffentlichkeit, bzw. mußt Du es auch in der Familie nicht verbreiten. Es sind ja deine Recherchen.
Und da dein Informant ein dementsprechendes Alter hat, würde ich es persönlich, gleich erledigen. In weiterer Folge kannst Du dann diese Aussagen mit Hilfe von Archiven untermauern.
Du ersparts Dir dann später die Aussage: "Hätte ich damals doch nur gefragt, jetzt wäre es brennt interessant, aber leider zu spät.
Ich habe auch so einen ähnlichen Fall, wo ich mir heute noch wohin beißen könnte, da ich die Befragung einer Zeitzeugin leider nicht gleich durchführte.

RobertD bringt es auch auf den Punkt.

Also, mache den Schritt und dokumentiere es wertfrei. Einen solchen Zeitzeugen bekommst Du nie wieder.

Weiterhin viel Erfolg wünscht

Hans-Peter Haberditz

Ich hab' heute morgen mit dem Gewährsmann telefoniert.

Es waren ein paar Infos dabei, die auch mir neu waren. Zu der Fragestellung die ich eigentlich abarbeiten wollte war die Rückmeldung allerdings eher dünn.

Ich hab' einiges an Notizen gemacht, aber es war was meine direkten Vorfahren angeht leider(?) bei weitem nicht so schwierig wie ich befürchtet (oder erhofft?) hatte.

Was auch sehr hilfreich ist in so einem Fall, wenn du das Ganze von der energetischen Seite anschaust bzw anschauen lässt. Familienthemen werden über sieben Generationen weiter gegeben bzw unbewußt übernommen. Es macht also Sinn, wenn du versuchst, das Nazi Thema für dich und deine Nachkommen aufzulösen. Familienaufstellungen helfen sehr dabei.
Es gibt auch eine Frau, die spezielle Ahnen Aufstellungen anbietet, sie heißt Silke Wagner. Sie hat auch ein Buch zu dem Thema geschrieben, ich würde es weiter empfehlen... Es heißt "Ahnentango"
LG, Birgit