Die Herkunft der Rosina Windhager ist unbekannt, sie wurde um 1707 geboren.
Im Jahr 1747 heiratet sie in Spitz 40-jährig den 33-jährigen Tischlermeisters-Sohn Franz Obermoser.
Franz Obermoser dürfte entweder von schlichtem Gemüt oder sehr fromm oder beides gewesen sein.
Sein jüngerer Bruder Johann Georg wird nämlich Nachfolger des Vaters in der gutgehenden Tischlerwerkstatt, erbt das elterliche Haus und wird zum Ratsbürger von Spitz ernannt. Franz Obermoser hingegen fristet sein Leben als Mesner und Kirchendiener ohne nennenswerten Besitz.
Die Ehe von Franz und Rosalia Obermoser bleibt kinderlos und dauert 5 Jahre, er stirbt im Juli 1752mit 38 Jahren und wird „mit grossen Gleith“ begraben. Als Kirchendiener steht ihm diese (ansonsten kostpielige) Bestattung unter Geläute aller neun Spitzer Kichenglocken zu, das Geld dafür hätte er nicht aufbringen können.

Als Pfarrmesner und Kirchendiener folgt Caspar Anton Windhager nach, etwa 24 Jahre alt, Sohn eines Schulmeisters und Cantors der Pfarre Königswiesen im Land ob der Enns. Caspar Windhager heiratet im November 1752 die Mesnerswittib Rosina Obermoser, nunmehr 45 Jahre alt, offenbar auf Anweisung des Pfarrers.
Das Paar lebt gemeinsam mit der 18-jährigen Hausmagd Theresia Wurzer in einem Haushalt.
Bald nach der Hochzeit verlustiert sich der junge Ehemann mit dem „Dienstmensch“ Theresia, was nicht ohne Folgen bleibt: Im September 1754 wird der uneheliche Sohn der beiden Johann Michael geboren. Die Strafen für außereheliche Beziehungen waren empfindlich, zumal wenn es sich wie in diesem Fall um einen Ehebruch handelte.
In der Spitzer Chronik „Gmischgmäsch“ ist folgendes über den Fall zu lesen:
"Von 1746 an Mesner Franz Obermoser bis 1752, Von 1752 Caspar Windhager, ein liederlicher Bursch, hat sein Dienstmensch als Verheyratheter geschwängert, und ist darauf anno 1754 nachdem er seinem Weib das mehrer Geld abgenommen, durchgangen."
Caspar Windhager entzog sich also der Obrigkeit durch Flucht. Er verließ heimlich die Gemeinde unter Mitnahme des Geldes seiner Frau und ward nie wieder gesehen. Nachdem in den nachfolgenden Protokollen auch Theresia Wurzer und ihr Kind nicht mehr aufscheinen, kann vermutet werden, daß sie des Landgerichts Spitz verwiesen wurde und in Schimpf und Schande fortgejagt wurde, einer mehr als ungewissen und trostlosen Zukunft entgegen. Sie war erst 20 Jahre alt.

Die verlassene Ehefrau Rosina Windhager hatte nunmehr mit 47 Jahren keinerlei Einkommen mehr und mußte sich um ihr Fortkommen sorgen, zumal ihr Alter und ihre Besitzlosigkeit eine weitere Eheschließung nicht erwarten liessen.
Auf Intervention ihres wohlhabenden Schwagers Obermoser erhält sie die Genehmigung, sich als „Brodsitzerin“ fortzubringen. Dieses Gewerbe war Menschen vorbehalten, denen jegliche andere Art sich zu ernähren verwehrt war, zumeist älteren arbeitsunfähigen Personen. Sie durfte also an einem Marktstand in Spitz Brot verkaufen, welches die Bäcker der Umgebung zur Verfügung stellten, was ihr einen geringen Verdienst sicherte.

Rosina Windhager, unter beschämenden Umständen vom Ehemann verlassen, ohne Familie und Besitz, wollte wenigstens nach ihrem Tod wahrgenommen werden und traf Vorkehrungen für eine eindrucksvolle Beerdigung. Sie verfaßte im Jänner 1760 ein Testament:
Ihr entseelter Leihnam solle durch sechs (Corporis Christi-) Brüder und sechs Träger mit mittleren Geläut samt der Neuen Glocken conduciert werden, auch 2 heil. Seelämter für sie gehalten werden.
Eine kostspielige Angelegenheit. Bald darauf starb Rosina Windhager mit 53 Jahren in Spitz nachdem sie einige Monate krank gelegen hatte. Ihre Besitztümer waren überschaubar:
Fünf verschiedene Röcke, ein seidenes Halstüchel, zwei Samthauben mit falschen Spitzen, ein abgetragenes Mieder, vier Hemden.Einige wenige kleine Möbel, ihr eigenes Bett und das Gesindebett (in welchem ihre Nebenbuhlerin geschlafen hatte)
Die Kosten für die Krankenpflege und das Begräbnis übersteigen den Wert der Verlassenschaft. Ihr mitfühlender Schwager kommt für alles auf und läßt für die Verstorbene sogar das „ganze Gleith“ mit allen Spitzer Glocken und „ein Todtenlied“ am Grab erklingen.
Es war dies der Höhepunkt in Rosina Windhagers mühseligem Leben: eine „große schöne Leich“.

Quellen: Pfarrakten, Pfarrmatriken, Herrschaftsakten Spitz/ Donau

Köstlich!

Gruß

Leo

Liebe MM,

wiedereinmal eine pikante Geschichte, Danke dafür!

Als Nachkomme einer Familie Windhager in Königswiesen, habe ich nachgesehen, musste jedoch feststellen, beide passen nicht in meinen Stammbaum, also keine weiterführenden Informationen für diesen Beitrag.

Liebe Grüße!

Dominik